TT-Folge 7
Die Kudraß-Schwestern halfen TSV-Damen-Tischtennis wieder auf die Beine
Seit 75 Jahren wird beim TSV 1846 Butzbach Tischtennis gespielt- Folge 6
(ba) Im Damen-Tischtennis war der TSV Butzbach im Bezirk Hanau/Offenbach in den 1970-iger Jahren eine Topadresse. In der Hessenliga spielten die Butzbacherinnen erfolgreich mit und landeten meist im Mittelfeld der Tabelle. Obwohl der Klassenerhalt gesichert werden konnte, zogen die Verantwortlichen der Abteilung die Mannschaft im Jahr 1975 aus Hessens höchster Spielklasse zurück. „Unsere Spitzenspielerinnen Rosi Siudak und Sonngard Mogk aus Echzell legten aus familiären Gründen eine Spielpause ein. Da hätte es keinen Sinn gemacht, in der Hessenliga Kanonenfutter zu sein“, lauteten die Stimmen in der Vorstandsetage. Für die Kreisklasse Friedberg kam jedoch eine Mannschaft zustande. Der Super-Gau konnte glücklicherweise abgewendet werden. Derweil tat sich beim Nachbarn TTC Griedel einiges in Sachen Mädchen-Tischtennis. Zunächst im Hof der Familie Kudraß in der Frongasse. Werner Kudraß, ehemals Handballer beim TSV Griedel auf dem Großfeld, hatte für seine beiden Töchter Dagmar und Andrea eine Tischtennisplatte organisiert, um seine Mädchen behutsam an sportliche Aktivitäten heranzuführen. Der Konrektor an der Butzbacher Schrenzerschule hatte sich für seine Töchter einiges, einfallen lassen, um den notwendigen Ehrgeiz zu wecken, denn gerade beim Tischtennisspielen sind die Erfolgserlebnisse am Anfang eher bescheiden. „Mit 12 Jahren habe ich meine ersten Sätze gespielt. Mein Vater hat uns immer 10 Punkte Vorsprung gelassen. Unser Ehrgeiz war geweckt, weil wir unbedingt einmal einen Satz gewinnen wollten“, erinnert sich Dagmar (heute 58 Jahre), die vier Jahre älter ist als ihre Schwester Andrea. Wenig später besuchte die beiden Mädels das Training des TTC Griedel im Bürgerhaus, wo auch Martina Wettner ihre ersten Übungen machte. Es dauerte einige Zeit bis die Kudraß-Schwestern eine gewisse Sicherheit in ihr Spiel bekamen und die Vorhand und Rückhand einigermaßen funktionierten. Dann aber stellten sich erste Turniererfolge auf Kreisebene ein. 1981 sah Vater Kudraß die Zeit gekommen, seine Kinder beim TSV Butzbach anzumelden, um die nächste Stufe in ihrer sportlichen Entwicklung anzustreben. Fortan fand das Training in der Turnhalle der Degerfeldschule statt, wo man ausreichend Übungspartnerinnen besaß und auch mit den Jungen trainieren durfte. Die damals 19-jährige Dagmar wurde für die Damenmannschaft des TSV in der Kreisklasse Friedberg gemeldet. „Ich habe mit Rosi Siudak, Margit Bang und Anne Ahlert in einem starken Quartett gespielt. Wir sind auf Anhieb Meister geworden, haben aber auf den Aufstieg in die Bezirksklasse verzichtet, weil wir nur zu viert waren. Das habe ich als junge Spielerin damals sehr bedauert“, meinte Dagmar Kudraß. Ein Jahr später holte der TSV in der gleichen Aufstellung wieder den Kreismeistertitel und machte vom Aufstiegsrecht Gebrauch. Zu diesem schönen Erfolg kam noch der Kreispokalgewinn hinzu. Auf Bezirksebene konnte sich das Butzbacher Trio Rosi Siudak, Margit Bang und Dagmar Kudraß ebenfalls behaupten. Als Außenseiter reiste die Mannschaft zu den Hessenmeisterschaften an. In Baunatal gelang mit einem Endspielsieg das Unglaubliche: Butzbach wurde Hessischer Pokalsieger. „Wir wurden nicht nur im Verein, sondern auch bei der Sportlerehrung der Stadt Butzbach und der des Wetteraukreises gefeiert. Das war ein schönes Erlebnis“, berichtet Dagmar Kudraß strahlend. Auch für die kleine Schwester Andrea verlief der Start beim TSV vielversprechend. Mit der Mannschaft Sonja Oakley, Anette Nehring, Anette Behla und Andrea Kudraß qualifizierte sich das Mädchen-Quartett für die Bezirks-Leistungsklasse. Vater Kudraß unterstützte seine Töchter optimal. Er fuhr die beiden zu Meisterschaftsspielen oder zu Einzel-Turnieren und war stets ein guter Betreuer und Berater. Dagmar und Andrea haben bei ihren Auftritten zahlreiche Urkunden abgestaubt. In den Schülerinnen- und Jugendklassen gab es etliche Kreis-und Bezirksmeistertitel sowie gute Platzierungen für Andrea, die sich sechsmal für die Hessischen Meisterschaften im Einzel qualifizieren konnte. Ihr ist besonders in Erinnerung geblieben, dass sie an Turnieren teilgenommen hat, bei denen auch Jörg Roßkopf (heute Bundestrainer), einer der besten deutschen Tischtennisspieler, mitmachte. Andrea war so erfolgreich und mit viel Talent ausgestattet, dass der Verband beabsichtigte, ihr einen Platz in einem Sportinternat zu reservieren. Das jedoch wurde von den Eltern nach reiflicher Überlegung abgelehnt. Andrea, die ebenfalls mit Ehrungen der Stadt und des Kreises sowie des Verbandes überhäuft wurde, spielte ab der Saison 1983/84 als freigeholte Jugendliche mit ihrer Schwester Dagmar in einer Mannschaft. Los ging es mit der Kreismeisterschaft und auch in der Bezirksklasse stand der TSV am Ende vorn. Danach spielten die Kudraß-Schwestern einige Jahre in der Gruppenliga (heute Bezirks-Oberliga) erfolgreich mit. Nominell hieß die Nummer1 Rosi Siudak, doch Dagmar und Andrea, waren nahe dran an der TSV-Spitzenspielerin. Sonja Qakley, die früh wegen einer Handverletzung ihre ebenfalls erfolgreiche Laufbahn beenden musste, , Anette Behla, Sigrid Aulehla, Marianne Erlenbach/Sann und Barbara Heck gehörten zum Team. Erlenbach-Sann kam vom TTC Wissmar zum TSV und Barbara Heck schaffte den Sprung aus der Kreisklasse in die Gruppenliga auf Anhieb. 1986 sprang in der höchsten Klasse des Bezirks die Vizemeisterschaft hinter dem punktgleichen TTC Salmünster II heraus. Bei den Vereinsmeisterschaften wurde Spitzenspielerin Rosi Siudak 1983 von Dagmar Kudraß abgelöst, die ein Jahr später ihren Titel verteidigen konnte. Danach trug sich Andrea Kudraß mehrmals als Erste in die Siegerliste ein. Im Jahr 1990 fiel die erfolgreiche TSV-Mannschaft aus privaten und beruflichen Gründen leider auseinander. Die Kudraß-Schwestern, Marianne Erlenbach-Sann und Siggi Aulehla schlossen sich dem TTC Griedel an. Aus der Kreisklasse marschierte das TTC-Quartett in die Bezirksklasse. Dagmar und Andrea Kudraß beendeten 2003/2004 ihre Tischtennis-Laufbahn aus gesundheitlichen und familiären Gründen. Dagmar Reichert (2 Kinder) und Andrea Fischbach (5 Kinder) erinnern sich gerne an ihre erfolgreiche Zeit beim TSV Butzbach. „Tischtennis ist ein schöner Sport. Es war mir immer wichtig, fair zu spielen und auch meinem Gegner mitzuteilen, wenn mir das Spiel gefallen hat, unabhängig davon, ob ich gewonnen oder verloren habe. Das hat manchmal die Nerven meiner Mitspielerinnen strapaziert, gerade dann, wen die Spiele ganz knapp ausgingen“ , lautete das Resümee von Dagmar Reichert.
BildunterschriftDie Tischtennis-Gruppenliga-Mannschaft des TSV 1986 v.l. Barbara Heck, Dagmar Kudraß, Andrea Kudraß und Rosi Siudak (Foto: TSV-Archiv, Text: ba)